Am Samstag, dem 29.10.2016 um 14 Uhr werden Johannes Schmidt von der Soziologischen Fakultät der Universität Bielefeld mit Martina Gödel und Sebastian Zimmer vom CCeH im Rahmen der Veranstaltungsreihe “Basis Zwei” einen Vortrag über die konzeptionellen und technischen Herausforderungen der Erschließung von Niklas Luhmanns Zettelkasten halten.
Abstract
Martina Gödel, Johannes Schmidt, Sebastian Zimmer – Niklas Luhmanns Zettelkasten: ein “preadaptive advance” digitaler Datenbanken?
Der bedeutende Soziologe Niklas Luhmann entwickelte im Laufe seiner 25-jährigen Forschungstätigkeit an der Universität Bielefeld eine universale Sozial- und Gesellschaftstheorie, die er in etwa 50 Büchern und 500 Aufsätzen publiziert hat. Als Basis für diese erstaunliche Produktivität diente Luhmann ein Zettelkasten, den er über vierzig Jahre lang systematisch gefüllt und gepflegt hat. Diese Sammlung von 90.000 Notizzetteln ist durch vier Merkmale gekennzeichnet: eine nicht-hierarchische Ordnungsstruktur, ein damit zusammenhängendes spezifisches Nummerierungssystem der Zettel, ein Verweisungsprinzip, das die Notizen untereinander und quer durch die Zettelsammlung vernetzt, sowie ein mehrere tausend Begriffe umfassendes Schlagwortregister.
Im Zuge der Nachlasserschließung werden die Zettel zunächst digitalisiert, in einem zweiten Schritt transkribiert und fachwissenschaftlich editiert. Ziel dieses Prozesses ist eine Reproduktion der Sammlung, die die Möglichkeiten der modernen digitalen Technik nutzt, um sie lesbar und ihre Genese nachvollziehbar zu machen. Das Projekt ist aufgrund der Masse und der Heterogenität des Materials sowie des datenbanksimulierenden Ansatzes des Luhmannschen Zettelkastens nicht nur fachwissenschaftlich, sondern auch technisch eine Herausforderung.
Als Basis für die digitale Präsentation des Zettelkastens werden hochstrukturierte XML-Dateien erstellt, die die Möglichkeit bieten, den transkribierten Text mit Informationen anzureichern. Jeder Zettel wird semantisch als freie, einzelne Gedankeneinheit begriffen, die in Verbindung mit anderen Einheiten steht. Implizit enthaltene Informationen werden durch Zettel-IDs und Schlagwortregisterverlinkungen explizit gemacht. Darüber hinaus soll der Nutzer auch die Zettelreihungen nachvollziehen können und so z.B. Auffälligkeiten wie Konzentrationen, aber auch ‚schwarze Löcher‘ im Zettelbestand für ihn sichtbar werden. Das von Luhmann nicht im Detail und im Voraus geplante Wachstum der Sammlung wird so in seinem ganzen Ausmaß transparent und die Gedankenentwicklung nachvollziehbar. Neben einer Arbeitsoberfläche, die es Fachwissenschaftlern ohne tiefere Technologiekenntnisse erlaubt, weiterführend mit dem Zettelkasten zu arbeiten, werden die Daten im weiteren Verlauf der Nachlasserschließung im Projektportal veröffentlicht.
Ziel des Vortrags ist, den Bestand und die Funktionalität des von Luhmann hinterlassenen Zettelkastens zu beschreiben, um dann in einem zweiten Schritt jenes Vorhaben der Digitalisierung genauer darzustellen.
Die Veranstaltungsreihe Basis Zwei
Digitaltechnik – Kunst – Denken
Eine transdisziplinäre Veranstaltungsreihe
Hannover, 01.10. – 24.11.2016
Die Digitaltechnik bringt tiefgreifende Wandlungen auch der Kunst-, Musik- und Wissensproduktion mit sich. Die transdisziplinäre Veranstaltungsreihe Basis Zwei fragt nach den Zusammenhängen: Welche neuen Möglichkeiten eröffnet der Computer, welche Herausforderungen stellt er etwa im Bereich der Komposition, der Musikproduktion oder in den Geisteswissenschaften? Inwieweit formt der Computer als Modell und als Werkzeug zur Simulation unser Bild der Welt?
Weiterführende Links
Basis Zwei Homepage
Basis Zwei Programmheft
Details zum Vortrag