Materi-A-Net

Das Projekt untersucht die Handlungsmacht der künstlerischen Materialien als Faktor in den grenzüberschreitenden deutsch-französischen kulturellen Netzwerken. Konkret wird dies am Beispiel des Austauschs des Rohstoffes Alabaster und der daraus geschaffenen Kunstwerke zwischen Frankreich und Deutschland um ca. 1350–1650 untersucht.

photograph of an alabaster sculpture depicting a woman (nymph) lying on a chaiselongue with her head resting on her arm; created around 1560 by Flemish sculptor van den Broecke, reminiscent of Michelangelo; Rijksmuseum Amsterdam, object number BK-1979-7, title of artwork: Sleeping Nymph

Link

https://materi-a-net.uni-koeln.de/

Laufzeit

2022–2025

projektbeteiligte

Projektleitung: Prof. Dr. Aleksandra Lipińska (Kunsthistorisches Institut, Universität zu Köln). Kooperationspartner: Marjan Debaene (Museum Leuven), Dr.-Ing. Wolfram Kloppmann (BRGM (French Geological Survey)). Mitverantwortlich: Dr. Claes Neuefeind (CCeH, Universität zu Köln). Mitarbeitende am CCeH: Tobias Mercer.

Förderung

Gefördert von der DFG und der Agence Nationale de la Recherche (ANR), Frankreich, im Rahmen des ANR-DFG-Förderprogramms für deutsch-französische Forschungsprojekte in den Geisteswissenschaften, s. https://gepris.dfg.de/gepris/projekt/469987104.

Beschreibung

Das Projekt Materi-A-Net: Material als Akteur in den transkulturellen Netzwerken zwischen Frankreich und Deutschland im Spätmittelalter und der Frühen Neuzeit untersucht die Handlungsmacht der künstlerischen Materialien als Faktor in den grenzüberschreitenden deutsch-französischen kulturellen Netzwerken. Konkret wird dies am Beispiel des Austauschs des Rohstoffes Alabaster und der daraus geschaffenen Kunstwerke zwischen Frankreich und Deutschland um ca. 1350–1650 untersucht, d.h. in der Zeit der größten Popularität dieses Materials. Anders als bisherige Ansätze der Kunstgeschichte, die primär die menschlichen Akteure (Künstler, Auftraggeber, selten andere Vermittler, z.B. Händler) des Kunsttransfers mitberücksichtigt haben, untersucht diese Studie die natürlichen Bedingungen dieses Prozesses: das Vorkommen des Gesteins, seine Eigenschaften, und die natürlichen Determinanten der Materialbeschaffung (Gewinnungs- und Transportmöglichkeiten). Somit hat das Projekt zum Ziel, in Anlehnung an die Akteur-Netzwerk-Theorie (ANT), die Netzwerke der menschlichen und nicht-menschlichen Akteure, die hinter der Mobilität des Alabasters stehen, mithilfe digitaler Werkzeuge zu rekonstruieren und daraus Schlüsse auf ihre Entstehungsumstände zu ziehen. Dabei wird die Frage gestellt, ob bestimmte systemische Strukturen, die zur Entstehung eines Kunstwerkes führen, epochenübergreifend vergleichbar sind. Diese Fragestellung wird an zwei Fallbeispielen untersucht:

  1. Lokalisierung der Werkstatt des sog. Meisters des Rimini Altars (15. Jh.). In dieser Studie wird angestrebt, die umstrittene Herkunft des bedeutenden Alabasterbildhauers des frühen 15. Jh. durch die Bestandsaufnahme und Kartierung seiner Werke und der Verbreitung des von ihm verwendeten Materials besser einzugrenzen. Ergänzt durch die Untersuchung der möglichen Transportwege, werden Hypothesen im Hinblick auf den Tätigkeitsort des Künstlers mithilfe von digitalen Visualisierungsmethoden verifiziert.
  2. Zwischenhöfischer Austausch im Dreieck Hessen-Lothringen-Franken im 16.–17. Jh. Diese Fallstudie untersucht die Rolle Alabasters (als Rohmaterial und Kunstwerk) als Akteur in zwischenhöfischen Beziehungen zwischen Frankreich und Deutschland am Beispiel ausgewählter Höfe, die über Alabastervorkommen verfügten und Alabasterwerke beauftragten (Herzoglicher Lothringischer Hof in Nancy, Landgräflicher Hof in Kassel und Darmstadt, Fürstbischöflicher Hof in Würzburg). Dabei steht die Rolle der dort tätigen Wanderkünstler als Vermittler von Materialwissen und Akteure zwischenhöfischer Kommunikation im Fokus.

In dem Vorhaben werden transdisziplinär die Methoden der Kunstgeschichte (Analyse der Kunstwerke und Quellen), Geologie (Lokalisierung des Vorkommens), Geochemie (Bestimmung der Herkunft der Materialproben) und Restaurierungswissenschaft (Interpretation von Arbeitsspuren, experimentelle Rekonstruktion) durch den Ansatz der Digital Humanities (Strukturierung der Daten aus den o.g. Untersuchungsbereichen in einer Graphdatenbank; Kartierung der Akteure; Hypothesenbildung anhand der Visualisierung) vereint und evaluiert.

Bildnachweis

Schlafende Nymphe, Willem van den Broecke / Guglielmus Paludanus (zugeschrieben), c. 1560, Rijksmuseum Amsterdam, https://www.rijksmuseum.nl/en/collection/BK-1979-7 (CC0).